Bitte ein Clausthaler:

Ja, ich weiß, dass es in Frankfurt hergestellt wird. Aber wer hat`s erfunden? Später kaufte halt nur die Binding-Brauerei aus Frankfurt die Firma incusive Namensrecht auf....
Hätte man dem Luftkurort und der Berg- und Universitätsstadt nicht zugetraut.
"Im 8. Jahrhundert soll Bonifatius im heutigen Zellerfeld eine Kapelle (Zelle) errichtet haben. Damals gehörte der nördliche Teil des Oberharzes zum Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel
(braunschweiger Welfen) und der südliche Teil zum Fürstentum Grubenhagen (lüneburger (inoffiziell hannöversche) Welfen).
Der braunschweigische Teil des Oberharzes erhielt 1532 die erste Bergfreiheit (Recht auf Bergbau - hauptsächlich Silber - und dazu erforderliche Maßnahmen bzw. Erlaubnisse).
Die drittgrößte deutsche Sprengstofffabrik, das Werk Tanne, entstand hier. Außerdem wurden die Fahrkunst und das Drahtseil hier entwickelt. Zellerfeld erhielt 1529 Stadtrecht.
1554 erhielt auch Clausthal die Bergfreiheit und blühte rasch auf. Schon um 1600 waren 55 Gruben in Betrieb.
Der Name von Clausthal leitet sich wohl von einer Talsperre für die Flößerei (Klause) ab. Der Oberharz blühte dank des Bergbaus im Mittelalter auf.
Die Bergstädte Clausthal und Zellerfeld wurden 1924 zusammengeschlossen.
Heute sind alle Zechen geschlossen und Clausthal ist besonders jetzt durch seine Technische Universität bekannt.
Ursprünglich war es eine reine Ausbildungsstätte für Berg- und Hüttenleute. In der Gegenwart ist die TU eine Hochschule mit breiter gefächertem Studienangebot
vorwiegend technischer Natur." (soweit Infos aus Wikipedia)



Das sehe ich zur Begrüßung. Das Gebäude mit der Mensa.



Das Rathaus der Doppelstadt steht am Marktplatz in Clausthal. Nach einem Brand wurde es 1730 erbaut.



Ebenfalls am Marktplatz steht dieser Gasthof mit dem verdächtigen Namen "Glück auf".



Den Mittelpunkt des Platzes bildet die Marktkirche. Sie ist die zweitgrößte Holzkirche Deutschlands.
Das Barock-Gebäude ist von 1639 bis 1642 aus Eichen- und Fichtenholz erbaut werden und hat ein Bleidach.
Unter Tage war es immer gefährlich, deshalb waren die Arbeiter sehr gläubig und das Bergamt beteiligte sich am Aufbau der Kirche.
Für den Bergbau übernahmen deshalb die Kirchenglocken die Funktion einer „Schichtglocke“.




An der anderen Seite des Marktes steht das Hauptgebäude der TU.



Der Rest des Uni-Komplexes reicht in die Adolph Roemer Straße rein, die nach dem Gründer der Uni benannt ist.



Die Silberstraße ist gesäumt von einfachen Häusern (wahrscheinlich Minen-Arbeiter)



Die Macht demonstriert das Ober-Bergamt mit seinem Bauwerk. Es verwaltete alle bergbaulichen Angelegenheiten des Oberharzes und Norddeutschlands.



Das Gebäude der Alten Münze wurde im Jahre 1726 errichtet und diente bis 1849 als Münzstätte, bis sie nach Hannover verlegt wurde.
1950 wurde die Alte Münze in ein Studentenwohnheim umgewandelt. Die Münze erhöhte den Ruhm Clausthals mit ihren zahlreichen Silbermünzen.



Die Aula Academica wurde der Bergakademie in den 1920-er Jahren von Ehemaligen gestiftet.



Die römisch-katholische Nikolaus-Kirche wurde 1870 erbaut.



Der Eingangsbereich mit seiner Fensterfront.



Hier wurde Robert Koch geboren. In Corona-Zeiten hört man ja ständig seinen Namen.



In diesem Haus verbrachte der RKI-"Begründer" seine Jugendzeit. Dann verließ er die Stadt zum Studium in Göttingen.



Die Zellbach-Straße führt von Clausthal nach Zellerfeld und wieder zurück (Keuch!)



Nach einem Großbrand wurde am 2. August 1675 der Grundstein für die neue St Salvatoris-Kirche gelegt.



Der Flügelaltar von W.Tübke wurde 1997 nachgereicht. Aus Kostengründen gab es bis dahin nur ein Provisorium aus Fichtenholz.



Dieses Haus wurde 1734 erbaut. Heute residiert das Amtsgericht darin.



Der Eingang vom Dietzelhaus, einem Patrizierhaus von 1673.



Die Glashütte (links) und die Münze (rechts).



Die Bergapotheke wurde erbaut, um die Gesundheit der Arbeiter zu erhalten.



Eingang in die Bergapotheke.



Deshalb wird sie auch die Fratzen-Apotheke genannt. In  der Fassade sind 64 solche Figuren untergebracht.

        

An vielen Häusern in Clausthal-Zellerfeld findet man solche Schilder.



Einige Gärten haben solche Gruben-Loren als Schmuck.



Der Kaiser-Wilhelm-Schacht hat das zweitälteste erhaltene eiserne Fördergerüst Deutschlands. Er war Förder- und Seilfahrtsschacht des Blei- und Zink-Erzbergbaus.
Der damalige Schacht hatte eine Tiefe von 1000 m und traf auf halber Strecke den Ernst-August-Stollen.
Einige Bauwerke der ehemaligen Grube wurden erhalten.



Ein altes Rad eines Schaufelradbaggers.



Diese Wasserräder weisen auf die Bedeutung der Wasserwirtschaft für den Bergbau hin!

Das Oberharzer Wasserregal: Für Energiegewinnung in den Bergwerken (Pumpen, Förderanlagen usw.) wurde im Harz ein ausgeklügeltes System zur Wassernutzung installiert.
Das Wort "Regal" steht hier für "königliches Hoheitsrecht".



Einen Überblick bietet die Broschüre "UNESCO-Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft S.5".
2010 wurden die Bauwerke des Oberharzer Wasserregals als Erweiterung der bereits existierenden Welterbestätte „Bergwerk Rammelsberg und Altstadt von Goslar“
vom UNESCO-Welterbekomitee unter Bezeichnung "Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft" zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
(Meine Fotos habe ich teilweise schon kurz nach der Nominierung, im März 2014 gemacht.)



Das ist der Oderteich, der älteste angelegte Stausee.



Hier ein Blick auf seine ungewöhnliche Staumauer. Sie besteht aus gestampftem Granitgruß und Grassoden in Ermangelung von Tonvorkommen.
Dennoch ist er erstaunlich haltbar: von 1715 bis heute kein Problem aufgetreten!



In Clausthal ist der Hirschler Teich Teil des im hiesigen Bergbau bedeutsamen Wassersystems.



Er gehört zu einer Kaskade mehrerer gestaffelter Teiche. Hier ein Blick runter auf den oberen Pfauenteich.
"Die damalige Technik erlaubte es nicht, Staudämme mit einer Höhe von mehr als etwa 15 Metern zu bauen.
Auch dies sprach dafür, eher viele kleine Teiche als wenige große anzulegen. Durch die Kaskadenanordnung der Teiche konnte das Wasser hoch gehalten, das heißt,
auf dem höchsten Niveau gespeichert und weitergeleitet werden, um möglichst viele Wasserräder anzutreiben.
So sind mehrere landschaftsprägende Teichkaskaden entstanden, die aus vier bis sechs Teichen bestehen."



Das Prinzip der Wasserleitung besteht darin, das Wasser in fast parallel zu den Höhenlinien der Hänge verlaufenden Gräben zu sammeln und ohne wesentliche Strömung
in die Bergbauregion zu leiten. Diese Hanggräben können durchaus zehn oder mehr Kilometer lang sein.
Teilweise wurde das so eingesammelte Wasser nicht direkt zu den Wasserrädern geleitet, sondern in Stauteichen (Kunstteichen) gespeichert, um auch in trockenen Perioden
genügend Aufschlagwasser zur Verfügung zu haben.



Und wenn es nicht höhenlinienparallel geht, dann wird aufgeschüttet wie hier für den Hutthaler Graben, der hier völlig ohne Gefälle verläuft.
Auch das macht Sinn.



Mit solchen Schiebern wird der Wasserfluss reguliert. Das ist hier dringend geboten; denn der Graben ist Teil der Huttaler Widerwaage.
Sie ist in der Lage, bei Niedrigwasser durch entsprechende Schaltung Wasser aus dem Huttal dem Hirschler Teich zuzuführen und ihn umgekehrt bei Hochwasser
von überschüssigem Wasser zu entlasten. Gefälle wäre hierbei hinderlich.



Hier wurde zu diesem Zweck ein Hang durchbrochen.



Und davor sammelt sich das Wasser in diesem Becken.

"Insgesamt kann der Bau von 143 Stauteichen, 500 Kilometer Gräben und 30 Kilometer unterirdischen Wasserläufen zur Sammlung, Umleitung und Speicherung des Oberflächenwassers
nachgewiesen werden. Zusätzlich werden dem Wasserregal Wasserlösungsstollen von zirka 100 Kilometer Länge zugeordnet. Diese waren jedoch nie alle gleichzeitig in Betrieb.
Die Harzwasserwerke betreiben heute 65 Stauteiche, 70 Kilometer Gräben und 20 Kilometer Wasserläufe und halten sie instand. Einige kleinere Stauteiche befinden sich noch in der
Obhut der Niedersächsischen Landesforsten oder auch in Privatbesitz."

Und jetzt endlich kann ich ein Mysterium aus meiner Jugendzeit klären:



Warum durften wir Kinder aus Verden an der Aller nicht in der Aller baden, sondern mussten auf die viel befahrene Weser (500 m bevor die Aller in sie mündet) ausweichen?
Die Klärung beginnt in Clausthal, wo der Innerstesprung liegt.



Nur wenige Meter hinter der Quelle fließt der Fluss, an dem z.B. Hildesheim liegt, in den Entensumpf, einen Teil des Wasserregals.

"Aus den Halden des Erzbergbaus im Harz und aus den Rauchgasen bei der Verhüttung stammen Schwermetalle, die sich in den Sedimenten der Innerste ablagern,
Die Konzentration von Cadmium, Blei und Zink ist dort stark erhöht. Zum Schutz der Flussauen vor den Schwermetallen wurde daher die Innerste unterhalb von Langelsheim eingedeicht.
Die Einleitung nicht oder unzureichend geklärter Abwässer sorgt bereits oberhalb von Hildesheim für übermäßige Schaumbildung und stark riechbare Verschmutzung,
was durch die geringeren Anforderungen für kleinere Klärwerke verursacht wird. Vom Oberlauf bis Holle finden sich entlang der Innerste-Ufer seltene Schwermetallrasen." Quelle
Man erkennt: die Natur hat sich mit speziellen Pflanzengemeinschaften auf die Belastung eingestellt. Jetzt fehlt nur noch der an die Schwermetalle angepasste Mensch!
Frage des Erdkundelehrers: In welchen Fluss mündet die Innerste?
Antwort: Die Leine, ein Haupt-Nebenfluss der Aller! (Oker, Fuhse, Wietze, Leine sind der Aller ihre Beine. Ise, Lachte, Örtze, Böhme sind der Aller ihre Söhne.)
Am Beispiel der Talauensedimente der Innerste kann eindrucksvoll demonstriert werden, welche Dimensionen der Belastung dieser Fluss ertragen muss.
Schwermetallgehalte der Innerste-Talauensedimente (in mg/kg; nach Nowak & Preul 1971)
Blei
Zink
Innerste am Prinzenteich
950
210
Innerste unterhalb Bleihütte Clausthal
17.000
9.000
Innerste vor Wildemann
13.000
7.500
Innerste vor Lautenthal
20.000
5.300
Sediment in der Innerstetalsperre
10.000
9.000
Innerste, Palandsmühle (Harzvorland)
15.000
20.000
Innerste bei Hildesheim
5.600
2.600
Innerste bei Ruthe
3.800
2.600
Den Prinzenteich durchfließt die Innerste noch vor Clausthal!

"Niedersächsische Untersuchungsergebnisse aus den Jahren 2014 und 2015
Schwermetall Menge in mg/kg Messort Fundstelle
Blei 0,79 Verden/Aller Aal-Leber
Zink 44 Verden/Aller Aal-Leber
Cadmium 2 Verden/Aller Aal-Leber
Für Quecksilber gilt eine Umweltqualitätsnorm von 20 μg/kg (entspricht 0,02 mg/kg), die bundesweit praktisch ausnahmslos überschritten wird." (deshalb keine Messungen)
Guten Appetit!







Die Bleihütte Clausthal, auch Frankenscharrnhütte genannt, war vom Mittelalter bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Standort der Gewinnung von
Schwer- und Edelmetallen aus Oberharzer Gangerzen. Sie lag im Innerstetal am Zusammenfluss von Innerste und Zellbach.
Bereits 1180 soll sich im oberen Innerstetals eine Schmelzhütte befunden haben. 1355 wurde erstmals die Hütte Frankenscharrnhütte erwähnt.
Der Name geht auf die Aktivitäten fränkischer Bergleute zurück, die im Innerstetal nach den Erzen des hier verlaufenden Rosenhöfer und Silbernaaler Gangzuges schürften.

Ende der 60er wurde die Bleihütte stillgelegt. Zurück blieb die Belastung des Bodens mit Blei und anderen Schwermetallen.
Die Frankenscharrnhütte sieht auf Fotos sehr viel älter aus. wie hier in Wikipedia
Diese Hütte scheint mir ein Neubau zu sein.



Die Umgebung der Hütte sieht nicht nur, weil wir Oktober haben, so aus, sondern durch Abgase ist der Hang derart belastet, dass die Vegetation kapituliert.
Und der Boden ist nicht durch Vegetation geschützt, sondern wird bei Regen abgespült. Selbst schwermetall-resistente Pflanzen sind rar.



Es steht zwar nicht dran, aber im Innerste-Tal dürfte der begradigte Fluss wohl die Innerste sein.



Von der Frankenscharrnhütte verläuft dieses Gebilde bis zum Fluss. Verden dankt!


Übersicht 2021 Übersicht Schlei Lübeck - Sieben Türme (Kirchen) Lauenburg Hitzacker, Lübeln Reiterstadt Verden